So ein tolles Buch:
1945
steht Ost-Preußen kurz vor der Evakuierung, die russische Armee drängt
immer mehr in das Land, doch die Nazis glauben noch immer stur an den
Endsieg, die Bevölkerung auf ihren Höfen, Gutshäusern und in den Dörfern
schon längst nicht mehr. Endlose Flüchtlingstrucks beherrschten die
Straßen, überall herrscht Hunger und der eiskalte Winter tut sein
Übriges. Erzählt wird die Geschichte einer Gruppe von Flüchtlingen, die
sich als Zweckgemeinschaft zusammen gefunden haben, um sich zur
Ostseeküste durchzuschlagen, genauer gesagt nach Gotenhafen im besetzen
Polen. Denn dort lagern mehrere ehemalige Vergnügungsschiffe, die die
aus Preußen fliehenden Menschen nach Deutschland bringen sollen.
Joanna,
bereits 1941 aus Lettland geflohen, hält die Gruppe zusammen. Sie ist
ausgebildete Krankenschwester und hilft und verarztet, wo sie kann. Der
Schuster und der kleine Streuner, der seine Großmutter auf dem langen
Weg verloren hat, sind ebenfalls Teil ihrer Gruppe. Dazu stossen im
Laufe der Geschichte noch Florian, dessen Rolle in diesen letzten
Kriegstagen zunächst geheimnisvoll bleibt und Emilia, eine 15jährige
Polin, die ebenfalls vor den herannahenden Russen flieht. Zusammen
machen sie sich auf den Weg, um die Wilhelm Gustloff zu reichen, die sie
nach Kiel bringen soll. Zu viele Menschen mit zu viel Gepäck, zu wenig
Platz, zu wenig Rettungsboote und in der Tiefe der Ostsee lauern
russische U-Boote.
"Ich
lernte, mich zu verstellen. Ich wurde so gut darin, dass die Grenze
zwischen Wahrheit und Erfindung zu verschwimmen begann. Und manchmal,
wenn ich mich richtig gut verstellte, konnte ich sogar mich selbst
täuschen."
Eine
teilweise schwer zu lesende Geschichte. Grauenvoll, erschreckend,
brutal ist es den Menschen auf ihrer Flucht ergangen. Und dennoch
lesenswert, denn nur so bleibt diese furchtbare Zeit in Erinnerung. Ich
musste das Buch zwischendurch immer wieder aus der Hand legen, entweder
um zu verarbeiten, was ich gerade gelesen hatte oder um weitere
Informationen im Internet zu suchen, um diese Zeit umfassender zu
verstehen.
Unbedingte Leseempfehlung!
PS:
Wer
noch mehr zu diesem Thema lesen möchte, dem empfehle ich die Bücher von
Marion Gräfin Dönhoff, die selbst per Pferd über das gefrorene Haff aus
Ostpreußen floh, die Sturmzeit-Trilogie von Charlotte Link, eine
Familiengeschichte ab 1914, "Das Lied der Stare nach dem Frost" von Gisa
Klönne oder "Altes Land" von Dörte Hansen, wobei die Flucht aus
Ostpreußen hier nur sehr kurz angerissen wird.
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